Otto Caracciola


Weinhandel Otto Caracciola & Co.

Quelle: Gisela Ries, Geschichte der Familie Caracciola nach dem Bericht von Mathias Ries, Kellermeister bei Otto Caracciola und späterem Eigentümer von Van Beekum & Lehmann


Familie Caracciola, Bild an der Hausfassade Am Spich
Maler: Waldemar Pek; Foto: Dankward Heinrich
















Zwischen 1645 und 1648 gegen Ende des 30jährigen Krieges, kommt Bartholomäus Caracciola aus der Stadt Neapel als Fähnrich (Signifer) in österreichischen Diensten auf die Festung Ehrenbreitstein. Nach dem Abrücken der österreichischen Truppen wird Caracciola von Kurier übernommen. 1663 wird er Landhauptmann der Trierischen Landkompanie. 1675 ist er Obristwachtmeister. Am 19.3.1650 wird ihm ein Sohn Servatius Wilhelm geboren. 1663 geht Bartholomäus Caracciola eine 2. Ehe ein. Er stirbt am 8.10.1685 auf Ehrenbreitstein. 

Servatius Wilhelm heiratet 1686 in Heimbach-Weis, Kreis Neuwied, nachdem er während der Amtszeit zweier Prälaten in der Abtei Rommersdorf Famulus gewesen ist. 

Der jüngste Sohn, geb. 14.9.1700, aus der 2. Ehe des Servatius Wilhelm Caracciola verliert seinen Vater im 5. Lebensjahr. Dieser heiratet 1731 in Clotten an der Mosel Maria Ursula Wirz und tritt in die Stelle seines Schwiegervaters Michael Wirz ein. Er ist nun Hofmann (Verwalter) des Malmedyer Weingutes in Clotten. 1733 wird er nach dem Clottener Kirchenbuch Gerichtsschreiber und Schultheiß des Malmedyer Hofgutes und  wird 1756 als Vogt von Clotten bezeichnet. 

Sein Sohn Benedikt Quirin Justus Hubert erwirbt am 21.11.1782 in Andernach das Bürgerrecht, nachdem er am 15.10.1782 dort Agnes Helena Linz aus Leutesdorf geheiratet hatte. 

Dieser Ehe entsprießt nur ein Sohn, Johann Michel Hubert Caracciola, geboren am 13.3.1784 in Andernach. Dieser heiratet am 1.2. 1805 Anna Maria Armbruster aus Luzerath. Aus dieser Ehe entsprießen vier Söhne. 




Ehemaliger Grabstein von Otto Caracciola an der Rheinpromenade in Remagen -
die Grabstelle auf dem alten Friedhof wurde leider zerstört
Foto: Dankward Heinrich

Der dritte Sohn Johann August Otto, geboren am 31.5.1815 in Andernach, der Großvater des legendären Rennfahrers Rudolf Caracciola, betreibt zusammen mit einem Freund in Andernach ein Weingeschäft, das er im Jahre 1843 wegen unzureichender Mittel wieder aufgeben muss. Der mittel- aber nicht mutlose Otto Caracciola übernimmt im gleichen Jahr in Remagen die Agentur der damals sehr blühenden  Dampfschiffahrts-Gesellschaft, verlegt 1844 seinen Wohnsitz nach Remagen und gründet die Weingroßhandlung Otto Caracciola & Cie.



Remagen mit ihrem Unternehmen Otto Caracciola & Co.
Quelle: Dr. Peter Wyborny


Remagen ist in Folge des enormen Aufschwungs des Reiseverkehrs und wegen seiner herrlichen Lage am Ufer des Rheins und der prachtvollen Apollinariskirche ein beliebtes Reiseziel. Otto Caracciola profitiert dadurch von der Übernahme der Agentur, die er bis 1875 behält.

Caracciola nutzt die Gunst der damaligen Zeit. Die prachtvolle Lage Remagens und seine bedeutende Stellung im Fremdenverkehr und dazu das passende Publikum bewegt den Kaufmann Caracciola im Jahre 1845 in Remagen ein zeitgemäßes Hotel für feineres Publikum zu bauen. Das Hotel nennt er zu Ehren des Stifters, der um die gleiche Zeit erbauten Apollinariskirche, "Hotel Fürstenberg". 



Hotel Fürstenberg
Alte Ansichtskarte

Neben seinem breiten beruflichen Wirken engagiert sich Otto Caracciola auch politisch. In der Sturm- und Drangperiode des Jahres 1848, mitten in den Parteikämpfen zwischen seinen Freunden Freiligrath, Kinkel, Schurz, Becker und Hecker, tritt er auf als Verfechter der Volksrechte im Vorparlament der Frankfurter Paulskirche.

Da der Reiseverkehr weiter ansteigt ergibt sich die Notwendigkeit, in Remagen ein größeres Hotel einzurichten. Im Jahre 1858 eröffnete Caracciola das große Hotel Fürstenberg.

Otto heiratet in erster Ehe am 30.5.1838 Maria Anna Bauer, die am 9.3.1860 in Remagen stirbt. Die 2. Ehe schließt er 1861 mit Adelheid Schulze, geboren am 29.11.1833 in Stolzenberg (Pommern). 

Der älteste Sohn aus der 2. Ehe, Otto Georg Maximilian, geboren am 1.4.1866 in Remagen führt das elterliche Geschäft weiter. Die ganze Abstammung sowie auch die Kinder aus 1. Ehe sind römisch-katholischen Glaubens. Während die aus 2. Ehe stammenden Kinder evangelisch getauft werden. 

Georg Caracciola heiratet am 17.10.93 Mathilde Preuz aus Aachen. Frau Georg Caracciola stammte aus einer streng katholischen Familie. Beide werden auch katholisch getraut. Als aber die Kinder zur Welt kommen lassen ihre Eltern sie evangelisch taufen. Georg Caracciola stirbt in Frankfurt a. M. am 17.11.1915. Georg Caracciola hat fünf Kinder, Herta *9.8.1894, Otto *29.9.1895, Ilse *21.11.1897, Rudolf *30.1.1901, Egon *15.2.1910.

Am 11. Juni 1869 konstituiert sich in Remagen der "Internationale Verein der Gasthofbesitzer", der erste internationale Hotelverband. Otto Caracciola wird erster Präsident und Stifter.

Das Hotel Fürstenberg mit seiner großen Terrasse und schönen Aussicht auf den Rhein wird besonders viel von Ausländern besucht. 


Terrasse des Hotels Fürstenberg um 1900, genügend Personal war damals selbstverständlich
Alte Ansichtskarte

Die Ahrtalbahn ist erst später erbaut worden. Danach war Remagen mehr oder weniger das Ausgangstor zum schönen Ahrtal. Es entwickelt sich ein großer Fremdenverkehr. Nach den Tageswanderungen macht dann das Hotel für seine Weinhandlung Reklame und umgekehrt. Das Hotel wird zu einer Probierstube der Weinhandlung.



Weinprobierstube Otto Caracciolas - den Raum gibt es mit gleicher Decke noch heute
Alte Ansichtskarte


Wegen der Hochwassergefahr, die fast jedes Jahr am Rhein wiederkehrt, wird diese beim Hotelneubau bei der Anlage der Kellerei, entsprechend berücksichtigt. 

Um diese Zeit wird an der Remagener Rheinpromenade ein weiteres Hotel »Zum König von Preußen« gebaut, dessen Besitzer 1870 stirbt. Otto Caracciola erwirbt auch dieses Hotel und integriert es in den Hotelkomplex Fürstenberg. 



Weinhandlung von Otto Caracciola
Zeitgenössische Werbung 


Zu seinem Aufschwung in der Hotelbranche trägt maßgeblich auch das von der Familie Caracciola betriebene umfangreiche Weingeschäft bei. Otto Caracciola beliefert sowohl das deutsche Kaiserhaus mit Wein als Hoflieferant als auch weite Kreise in England (Verschiffung zusammen mit "The Queen of Table Waters", Mineralwasser der Apollinaris-Quelle).

Als das Geschäft sich immer mehr ausdehnt, entschließt sich Caracciola Anfang der 1880er Jahre eine moderne Kellerei, den späteren Apollinaris-Keller, fern vom Hochwasserbereich am Deichweg zu errichten. Die Anlage wird so ausisoliert, dass der größte Hochwasserstand nur die Sohle des Kellers berührt. 
Mit1.800 qm einschließlich Nebenräumen zählt dieser zur damaligen Zeit zu den größten und schönsten der Rheinprovinz. Zeitweise lageren dort 3.000.000 Liter Weine, die Caracciola in alle Welt verschickt. 



Weinkeller Otto Caracciola
Quelle: Dr. Peter Wyborny

Leider erlebte der alte Herr die Einweihung des neuen Kellers nicht mehr. Johann Otto August Caracciola stirbt am 2.1.1886. 



In Berlin errichtet die Firma mit großem Kosten eine rheinische Weinprobierstube, die auch in der ersten Zeit große Umsätze erzielt. Die weite Entfernung vom Hauptgeschäft läßt aber nur schwer eine häufigere Kontrolle vornehmen. Bei einer gelegentlichen Revision werden große Unterschlagungen entdeckt. Ein neuer Geschäftsführer wird eingesetzt, man hofft auf gute Besserung. Leider ist auch dieser Wechsel ein Fehlgriff so dass man sich entschliesst mit einem Verlust von hunderttausend Mark wie Georg Caracciola Mathias Ries selbst erklärt, die Filiale aufzugeben. 

Frau Mathilde Caracciola brachte eine große Mitgift mit in die Ehe, so dass das Geschäft doch mit einer kleinen Einschränkung weiter gehen kann. Die guten Weinjahre 1895,1897,1900, 1904, 1911 tragen viel dazu bei, dass die schwere Wunde langsam zu heilen beginnt. 

Am 1. August 1895 übernimmt der spätere Kellermeister von Caracciola, Mathias Ries, eine Meisterstelle in einem Keller in Straßburg. Über seine Arbeit dort schrieb er:

"Ein großes Kellerpersonal war mir unterstellt. Ausgedehnte Kellerräume, belegt mit nur großen Lagerfässern von 3000 bis 8000 Ltr. Inhalt...Die roten Trauben, welche in Fässern bezogen wurden aus Italien, Spanien, Frankreich, überhaupt aus dem Süden wurden hier gekeltert, gezuckert, noch mal angesetzt in großen 18000 Ltr. Bottichen u.s.w Das Prinzip war, ganz billige Rotweine herzustellen, die dann später mit dicken Originalrotweinen verschnitten wurden, um ihnen eine gute rote Farbe zu geben.....größtenteils als französischer Bordeaux an die Verbraucher."


1897 wird von der Fa. Caracciola über Zeitungsannouncen ein neuer Kellermeister gesucht. Gefunden wurde er in Mathias Ries, der zuvor eine Zeitlang neben Straßburg auch in Trier gelebt hatte. Mathias Ries bleibt Kellermeister bei Caracciola bis zum Konkurs des Unternehmens. 



Mathias Ries rechts
Quelle: Gisela Ries



Durch den Berliner Fehlschlag muss selbstverständlich vorsichtig agiert werden. Beim Ausbruch des 1. Weltkrieges ist das Geschäft finanziell wieder in Ordnung und am aufblühen. Ende Juli 1914 bricht der Weltkrieg aus und in ganz kurzer Zeit werden fast sämtliche Mitarbeiter der Firma zu den Waffen gerufen.
Um den Betrieb wenigstens einigermaßen aufrecht zu erhalten müssen Frauen, Schuljungen und alte Männer beschäftigt werden. 


Mathias Ries (rechts oben mit Schlägerkappe), Hugo Ries davor, ca. 1 Weltkrieg
Quelle: Gisela Ries

Man hofft, dass in wenigen Wochen der Krieg erledigt sein wird. Leider kommt es anders. Der Krieg wird immer heftiger, die Arbeitskräfte weniger. Die Weinhandlung Caracciola muss Kriegsgefangene und leicht Beschädigte aus den Lazaretten mit beschäftigen. Von den Mitarbeitern  von Mathias Ries, welche zum Krieg eingezogen werden fallen vier auf dem Felde der Ehre: Karl Seltsam aus Mußbach , Peter Schmidchen aus Wehlen, Franz Scharvel aus Wiltingen und sein Neffe Mathias Ries aus Langsur. - Letzterer gerät in russische Gefangenschaft erkrankt und verstirbt in Russland. Kurz vorher fällt sein Bruder Theodor in Frankreich. 

Leider erleidet Georg Caracciola auf einer Geschäftsreise einen Schlaganfall und verstirbt am 17.11.1915 in Frankfurt a. M. Georg Caracciola wird in Offenbach im Krematorium eingeäschert.

Der älteste Sohn Otto, geboren am 29.9.1895 wird schon bei Ausbruch des Krieges einberufen und 1916 als gefallen gemeldet. Später taucht er wieder als französischer Gefangener auf. 
In dieser Zeit wird die Weinhandlung von dem Prokuristen Karl Roeder und Mathias Ries als Kellermeister weiter geführt und nimmt einen bedeutenden Aufschwung. 

Dem Hauptgeschäft in Remagen wird noch eine Villa mit großer Kellerei in Ernst an der Mosel für 120 000 Mark angegliedert. Hier werden im Herbst Trauben gekauft, gekeltert und Weine eingelagert, die dann später in das Hauptgeschäft nach Remagen überführt werden. 

Der Krieg ist zu Ende. Die Gefangenen kehren wieder in ihre Heimat zurück.  Otto findet nun ein Geschäft vor, das wirklich auf der Höhe steht, das die Konkurrenz bewundert und beneidet. Besonders in Qualitätsweinen ist die Firma sehr bekannt. Leider hat der junge Herr zu wenig kaufmännische Erfahrung, treibt Autosport, lebt auf großem Fuß, läßt das alte Wohnhaus zu einer Villa umbauen, baut Autogaragen und überläßt das Geschäft fast ganz den Angestellten, den Vertretern, den Reisenden, die fast alle auch Kapital mit ins Geschäft anlegen. 



Hotel Fürstenberg 1920
Alte Ansichtskarte


Terrasse des Hotels Fürstenberg, im Hintergrund Erpel und seine Weinberge 
Alte Ansichtskarte

Es folgt die Inflation mit der Geldentwertung und alle Geldgeber suchen wieder ihre Einlagen aus der Weinhandlung herauszuziehen. Auch viele Außenstände gehen verloren. Die Bank verliert das Vertrauen und kündigt den Kredit und überwacht den ganzen Geschäftsgang. Es müssen Notverkäufe getätigt werden. Qualitätsweine werden zu Schleuderpreisen verkauft. So wird das ganze Geschäft auf den Kopf gestellt und alle Einkünfte müssen der Bank zu geleitet werden. 


Der Konkurs ist nicht mehr aufzuhalten und wird über das ganze Anwesen verhängt. Der Verkauf dauert mehrere Tage, doch reicht die Konkursmasse bei Weitem nicht aus, um alle Gläubiger zu befriedigen. Selbst die Gehaltsforderungen, welche als berechtigt gelten sollen, können nicht ganz berücksichtigt werden. Persönlich büßt Mathias Ries circa 1.000 Mark ein. Mit diesem Schicksalsschlag ist die Firma Otto Caracciola & Co. vollständig ausgelöscht.


Terrasse des Hotels Fürstenberg mit Blick Richtung Unkel - die Gäste blieben zuletzt aus
Alte Ansichtskarte



Für die Baulichkeiten, die Villa, Garagen, Park, das Hotel sind zunächst keine zahlungsfähigen Liebhaber zu finden und so bleiben diese weiter in der Konkursmasse.

Der Prokurist W. S. bringt auch Kapital in die Firma ein, zieht dieses aber wieder frühzeitig heraus. Er will die Weinhandlung Caracciola weiter führen und mietet dazu von dem Konkursverwalter die Kellereien. Um den Namen Caracciola weiter führen zu können, weiß W. S. einen Vetter der Firma zu überreden, seinen Namen und auch sein Vermögen mit in dieses neue Unternehmen einzusetzen. W. S. fungiert nur als Buchhalter und der Caracciola als Inhaber der Firma. Nach einem Jahr ist auch die neue Firma ruiniert und Caracciola hat sein ganzes Vermögen eingebüßt. Verzweifelt soll er sich das Leben genommen haben. 

Einige Jahre später wird auch das ganze Anwesen der alten Firma auseinander gerissen und verkauft: 
Das Hotel übernimmt ein Oberkellner aus Koblenz. 
Die Kellerei übernimmt Erich Leimgard für angeblich 20.000 Mark. Diese hat einen Wert von 1/2 Million Mark. 
Die umgebaute Villa übernimmt Dr. Jumpertz. 



Villa Caracciola im Jahr 2013
Foto: Dankward Heinrich

Die Garagen gehen an die Firma Leiendecker. 
Und den Park bekommt die Stadt Remagen für rückständige Steuern. Damit ist das Vermögen der ehemaligen Weltfirma vollständig aufgeteilt worden.


Familie Caracciola ca. 1930er Jahre
Quelle: Gisela Ries, Familie Caracciola




Frau Caracciola zieht nach Wiesbaden. Fräulein Herta hat das Lehrerinnenexamen bestanden und kommt an eine Schule nach Düsseldorf. 



Herta und Rudi Caracciola 1928 mit Rennwagen
Quelle: Gisela Ries, Familie Caracciola

Otto geht nach Mainz und macht eine sogenannte trockene Weinhandlung auf. Ilse heiratete einen Schauspieler Bausch. Rudolf wird Autorennfahrer und erwirbt sich einen Weltruf. Fast überall holt er sich auf Mercedes Silberpfeil die ersten Rennpreise. So kann er seine Mutter in Wiesbaden gut unterstützen. 




Berühmter Enkel Ottos - Denkmal für Rudolf Caracciola, mit 143 Siegen erfolgreichster deutscher Rennfahrer seiner Zeit, oft auf Mercedes Silberpfeil
Foto: Dankward Heinrich


Egon der Jüngste übernimmt in Köln eine Tankstelle. 



Egon Caracciola 1952 als Karnevalsprinz
Quelle: Gisela Ries, Familie Caracciola


So endete die einst so bedeutenden Weltfirma Otto Caracciola und Co. In Remagen spielt die Familie Caracciola heute keine bedeutsame Rolle mehr. 




Heutige neugestaltete Grabstätte der Familie Caracciola in Remagen
Foto: Dankward Heinrich